Das Klimaschutzgesetz kommt! - Das Herzstück des Klimaschutzpaketes

Klaus Mindrup, zuständiger Berichterstatter für das Klimaschutzgesetz
Mit dem Klimaschutzgesetz haben wir einen echten Meilenstein gesetzt. Es ist das Herzstück des Klimaschutzpakets. Das haben auch die Sachverständigen in der Öffentlichen Anhörung am 6. November 2019 bestätigt. So sagte der Leiter Klimaschutz und Energiepolitik des WWF Michael Schäfer: (…) zum Klimaschutzgesetz, das ein echter Lichtblick ist im Rahmen dieses Pakets, möchte ich sagen: Es modernisiert die politische Steuerung, es macht wahrscheinlicher, dass wir Strafzahlungen für das Nicht-Erreichen unserer EU-Verpflichtungen deutlich reduzieren können und es ermöglicht es, die Investitionssicherheit deutlich zu erhöhen. (…)“
Unter anderem Frank Schwabe und Dr. Matthias Miersch haben für die SPD-Bundestagsfraktion schon 2010, als vor 9 Jahren, einen ersten Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht. Vorbild damals war Großbritannien. Das Vereinigte Königreich hat ebenfalls in sein Gesetz einen unabhängigen Sachverständigenrat und einen Prüfmechanismus implementiert. Es war dem heutigen Gesetz sehr ähnlich.
Ich freue mich, dass es nun gelingen wird, am diesem Freitag das Gesetz endgültig zu beschließen.
Geht Demokratie und Klimaschutz gemeinsam? – diese Frage müssen wir beantworten. Und ich höre von Manchen, es ginge nicht. Doch das Gegenteil ist der Fall! Wir setzen mit dem Klimaschutzgesetz die Ziele fest. Bis 2030 müssen wir 55 Prozent weniger CO2 emittieren als 1990. Auch die Klimaneutralität für 2050 ist im Gesetz verankert.
Jedes Jahr wird regelmäßig überprüft werden, ob die alle Bereiche ihre Ziele erreichen könnten. Ein unabhängiger Expertenrat wird jährlich die Überprüfung der Wirksamkeit, Effizienz und Zielgenauigkeit der Maßnahmen der Ministerien übernehmen.
Gleichzeitig stärken wir den Bundestag: Das Parlament bekommt die Möglichkeit, Sondergutachten bei dem unabhängigen Expertenrat zu beantragen. Es wird zudem ein jährlicher Klimatag innerhalb einer Nachhaltigkeits-Plenarwoche eingeführt. Mit dem Expertenrat intergieren wir dauerhaft die Zivilgesellschaft in die Klimaschutzpolitik Deutschlands. Ich bin mir sicher, dass dieser Prüfmechanismus wirken wird. Damit wird unsere Demokratie gestärkt.
Fossiles C02 braucht einen Preis. Aber ein reiner Preisaufschlag, einer neoliberalen Marktgläubigkeit folgend, reicht nicht aus. Die Einnahmen, die daraus erzielt werden, müssen an die Bürgerinnen und Bürger zurückfließen. Das Ziel ist, CO2-Emissionen auf Null zu senken, und damit auch alle Abgaben darauf.
Die Entwicklung dorthin muss klar und berechenbar sein. Der Europäische Emissionshandel (ETS) hat von 2005 bis 2017 gebraucht, bis sich klare Preissignale gezeigt haben.
In der Debatte um den nationalen Emissionshandel wird vor allem von der FDP gefordert, auf einen nationalen Emissionshandel zu verzichten und die Sektoren Verkehr und Gebäude schnell in den europäischen Emissionshandel zu integrieren. Nach Stellungnahmen des Umweltbundesamtes, der energieintensiven Industrie aber auch des Sachverständigen Dr. Bartels sind aber die Vermeidungskosten in den Sektoren so unterschiedlich, dass dieses Verfahren nur dazu führen würde, dass sich der Verkehr von seinen Verpflichtungen zu Lasten der Industrie frei kaufen würde. Damit wäre der Industriestandort Deutschland mit seiner energieintensiven Grundstoffindustrie gefährdet. Wir wollen als SPD die Industrie erhalten und gemeinsam in Richtung Klimaneutralität entwickeln. Importe aus Drittstaaten und die Verlagerung unserer Industrie lösen das Klimaproblem nicht.
Daher muss zunächst ein nationaler Weg verfolgt werden, bis es eine einheitliche europäische Lösung gibt, die für die nächste Handelsperiode ab 2030 angestrebt wird. Der Koalitionsausschuss hat sich für einen nationalen Emissionshandel entschieden, der zwei wesentliche Vorteile hat. Erstens wird damit jede fossile Emission von C02 einen Preis bekommt und zweitens wird nach der Einführungsphase ein „cap“ also ein Mengendeckel eingeführt, so dass auch eine Mengensteuerung erfolgt.
Allerdings ist die Einführung dieses Systems mit über 4.000 in System zu integrierenden Emittenten sehr komplex und in der Anfangsphase durchaus auch fehleranfällig. Vor allem besteht die Gefahr, dass die Regeln zu Härtefällen, zur Doppelabrechnung mit dem ETS und dem carbon leakage in der Einführungsphase optimiert werden müssen. Daher ist es sinnvoll, mit einem niedrigen Preis und einer eingeschränkten Teilnahme von Brennstoffen (z.B. keine strombasierten Kraftstoffe) zu starten, weil der niedrige Preis das Risiko von nicht gewünschten Härten in der Anfangsphase erheblich senkt. Wie bei der Integration in den ETS beschrieben, gibt es eine sehr unterschiedliche Preissensivität zwischen der Industrie, dem Gewerbe und dem Verkehr.
In der Einführungsphase wird die Mengensteuerung über den nationalen Emissionshandel noch nicht eingeführt. Dies erfolgt über ein Bündel von Maßnahmen, vor allem Förderung (Gebäude, öffentlicher Verkehr, E-Mobilität), aber auch Forschung und Innovation und Ordnungsrecht. Ich sehe hier auch eine Parallelität zum ETS. Am Anfang haben die fossilen Kraftwerke auch kostenfreie Zuteilungen erhalten. Erst als es Dank des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) die klimafreundliche Alternative gab, wurde auf die kostenfreie Zuteilung verzichtet. Ähnlich werden wir jetzt in Deutschland vorgehen und Effizienz und Erneuerbare als klimafreundliche Alternative für den Gebäude und den Verkehrsbereich fördern.
Bei der Kritik am Klimapaket, muss man zwei unterschiedliche Formen unterscheiden: Einmal wird kritisiert, dass mit dem Paket die vereinbarten Ziele nicht erreicht werden. Andererseits wird beanstandet, die Ziele wären nicht ausreichend.
Zu ersten Kritikpunkt: Über den Überprüfungsmechanismus stellen wir sicher, dass die Ziele erreicht werden. Am Ende werden über 100 Maßnahmen zum Klimaschutz beschlossen. Die Opposition nimmt sich jetzt Maßnahme für Maßnahme vor und sagt, dass mit jeder einzelnen die Klimaziele nicht erreicht werden können – dabei hat das selbstverständlich niemand behauptet. Man muss das Bündel von Maßnahmen sehen.
Außerdem wird so von der wesentlichen Auseinandersetzung abgelenkt. So ist das 65-Prozent-Ziel bis 2030 bei den erneuerbaren Energien ambitioniert und richtig. Momentan sind 17 Prozent erneuerbare Energien im System. Die Frage ist nur: Wovon 65 Prozent? Der vom Bundeswirtschaftsministerium angenommene Bruttoverbrauch ist viel zu gering angesetzt.
Die Frage, ob die Klimaschutzziele ausreichend sind, ist zunächst eine wissenschaftliche Frage. Bisher gab es einen breiten Konsens unter Klimawissenschaftlerinnen und Klimawissenschaftlern und auch den Nichtregierungsorganisationen.
Auch die Umweltverbände saßen – neben Politik, Industrie, Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften - bei den Verhandlungen der sogenannten Kohlekommission mit am Tisch und haben dem gefundenen Kompromiss zugestimmt.
Trotzdem spricht vieles dafür, dass wir unsere Ziele verschärfen müssen. Dies ergibt allerdings nur auf europäischer Ebene Sinn. Klimapolitik ist nicht nur nationale, sondern internationale Politik. Stiegen wir jetzt - an den Verhandlungsergebnissen der Kohlekommission vorbei - aus der Kohle schon bis ins Jahr 2030 aus, wäre mehr als fraglich, die entstehende Lücke zwischen Strombedarf und –angebot durch erneuerbare Energien zu decken. Folge wäre der Einkauf von Kohlestrom in europäischen Nachbarstaaten. Dies zeigt auch, wir brauchen europäische Lösungen. Und wir brauchen Lösungen, die auf einen breiten Konsens bauen können, wie das Ergebnis der Kohlekommission. Wird uns dies nicht gelingen, werden die Akzeptanz und damit die Umsetzbarkeit nicht gewährleistet.
Ursula von der Leyen, designierte Präsidentin der EU-Kommission, hat Verschärfungen der europäischen Klimaziele angekündigt. Frans Timmermans als zukünftiger Klimakommissar der EU wird die Pläne prüfen, ich habe mich Ende Oktober mit ihm dazu austauschen können.
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